Armin und Stefan Tement
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Wie würdet ihr den jeweils anderen beschreiben?
Armin:
Stefan hat ein unheimliches Gespür für Natur und Technik. Ein scheinbarer Widerspruch und eine Fähigkeit die ich sehr bewundere. Alles, was er tut, hat einen praktischen und logischen Zugang. Stefan denkt sich hinein, probiert aus und versteht. Dabei ist er kompromisslos und frei von jedem Zweifel.
Stefan:
Armins Stärken liegen in seinen Visionen. Er weiß, wie etwas funktionieren kann und setzt es dann auch um. Das ist eine echte Gabe. Darüber hinaus hat er viel Gefühl für den Wein, die Reben, aber auch für die Menschen.
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Tauscht ihr euch aus, oder laufen die Dinge mittlerweile ohnehin stillschweigend?
Armin:
Wir sind die engsten Vertrauten, reden über alles und diskutieren viel. Auch über Dinge, über die wir mit anderen nicht reden würden. Das heißt, wir haben Geheimnisse (schmunzelt). In einer so engen Verbindung ist es aber auch nicht immer einfach zu akzeptieren, dass der andere etwas besser kann. Der hat bei uns dann nämlich auch das letzte Wort.
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Welche Vision habt ihr für die Zukunft?
Stefan:
Man ist nie fertig, denn Entwicklung ist ein steter Prozess. Den ganz großen Richtungswechsel haben wir hinter uns, jetzt geht es mehr und mehr um Feinabstimmung und darum, noch besser zu werden.
Armin:
Wer in ständigem Austausch mit sich und seiner Welt ist, verändert sich unbewusst. Was unsere Eltern geschaffen haben, ist das Fundament. Was sie aufgebaut haben, wäre nach heutigen Maßstäben gar nicht mehr realisierbar. Für uns geht es darum zu bewahren, ohne dabei in der Vergangenheit zu leben.
Entwicklung ist ein Prozess, kein Status.
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Eure Art Wein zu machen hat sich verändert. Worauf liegt heute der Fokus?
Armin:
Wein ist nichts Statisches. Er entwickelt sich mit der Zeit, reift und verändert sich. Mit uns ist das nicht anders. Heute liegt unser Fokus mehr und mehr am Faktor Zeit. Der Geschmack eines Weines prägt sich in den ersten paar Monaten seines Ausbaus. In dieser Phase polarisiert der Wein, in den 2 bis 5 Jahren Fassreife findet er dann mehr und mehr seine Mitte. Er ruht in sich selbst.
Stefan:
Wir wollen noch mehr Eigenständigkeit erreichen, die Lagen noch stärker herausarbeiten. Keine „gemachten Weine“ in die Flasche füllen, sondern Authentizität und Herkunft. Das ist unser Verständnis von Tradition. Klar ist das immer auch eine Gratwanderung, an die man viele Kunden erst wieder heranführen muss.
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Wie haben die Kunden auf die Veränderungen reagiert?
Armin:
Unsere Kunden sind unser größtes Potential. Sie sind immer offen geblieben. Genauso wie wir selbst. Viele Kunden sind den Weg von Anfang an mitgegangen, haben Tement für sich neu entdeckt. Natürlich gab es nicht immer nur positive Rückmeldungen. Nicht jeder war damit einverstanden, was wir machen, aber das wollen wir auch gar nicht. Wichtig ist, dass man Freude hat an dem was man tut und mit der Natur geht. Jedes Jahr ist anders, stellt andere Anforderungen. Wer da stur das macht, was er im Vorjahr gemacht hat, ist fehl am Platz.
Wir machen es uns nicht einfach. Und das ist gut so.
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Tradition kann auch Druck bedeuten. Wie geht ihr damit um?
Stefan:
So etwas wie Erfolgsdruck oder Erwartung verspüre ich nicht. Wenn man die Dinge konsequent macht, dann kann man eigentlich nichts falsch machen und hat sich auch nichts vorzuwerfen. Am Ende entscheidet dann sowieso die Natur.
Armin:
Unser Anspruch ist hoch, da macht man sich selbst schon auch manchmal Druck. Für uns ist es aber normal, sich am Limit zu bewegen. Das war immer so. Wir kennen es nicht anders. Wenn man liebt was man tut, ist das kein Problem. Das haben uns unsere Eltern vorgelebt. Genauso wie die Offenheit gegenüber Neuem und Anderem. Klar hat jeder von uns seine Höhen und Tiefen. In einer Familie kann man sich in solchen Momenten aber immer aneinander aufrichten.
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Würdet ihr sagen, ihr seid mutig?
Armin:
Ja, denn sonst würden wir das hier nicht tun können. Wir machen es uns definitiv nicht einfach. Da braucht man schon eine ordentliche Portion Mut.
Stefan:
Gefällig zu sein ist nicht unsere Sache, vielmehr müssen wir hinter jedem Wein und jeder Entscheidung stehen können. Das ist der Anspruch. Feigheit hätte da keinen Platz.
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Macht ihr abseits der Arbeit noch was gemeinsam, oder hat man irgendwann genug voneinander?
Stefan:
Armin würde wahnsinnig gern mit mir gemeinsam Radfahren. Aber das ist einfach nicht mein Ding. Der größte gemeinsame Nenner ist immer noch das Genießen und Verkosten. Und wir spielen Tischtennis. Wer von uns gewinnt, ist Tagesverfassung.
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Wie steht es um eure Streitkultur?
Stefan:
Wir diskutieren viel, nehmen dabei aber selten etwas persönlich. Wir mögen einander, das macht es uns leicht. Natürlich wird auch gestritten. Dann, wenn es um was geht.
Armin:
Die Auseinandersetzung gehört dazu, schließlich geht es hier um Leidenschaft. Jeder muss seine Meinung sagen können. Darauf kommt es an. Es hilft dabei den anderen zu verstehen.
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Euer Engagement auf der slowenischen Seite des Hügels feiert heuer 10 Jahre Jubiläum. Was bedeudet euch das?
Armin:
Ciringa war ein Traum. Eine großarige Lage, auf der wir uns uneingeschränkt ausprobieren durften. Zieregg ist viel kleinteiliger, aber natürlich auch gewachsener. Ciringa hat ganz andere Voraussetzungen. Eine grandiose Lage, die nur mit einer einzigen Rebsorte bepflanzt wurde. Wir konnten schnell viel bewegen, uns entwickeln und neue Wege gehen. Das wäre bei Zieregg so nicht gegangen. Das war gut für unser Selbstvertrauen.
Stefan:
Ciringa war eine Chance die wir ergriffen haben. Als wir die Flächen gekauft haben, lagen sie brach. Wein hat man dort zwar immer schon gemacht, allerdings waren es gemischte Weingärten. Die Böden die dort vorherrschen sind aber wie geschaffen für Sauvignon Blanc.
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Warum sollten eure Kunden Ciringa trinken, wenn es doch Zieregg gibt?
Armin:
Ciringa ist der kleine Bruder vom Zieregg. Niederschwelliger, leichtfüssiger, unkomplizierter. Man könnte auch sagen, es ist unsere Spielwiese. Bei aller Wertigkeit sind die Weine vom Ciringa aber absolute Preis-Leistungs-Sieger.
Der Grassnitzberg ist ein Herzensprojekt. Wenn wir nicht daran glauben würden, würden wir es uns nicht antun.
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Ein Projekt hat dieses Jahr besonders viel Aufmerksamkeit erregt. Die Terrassierung am Grassnitzberg. Was seht ihr ganz persönlich darin?
Stefan:
Der Grassnitzberg ist ein echtes Herzensprojekt. Wenn wir nicht daran glauben würden, würden wir uns das nicht antun. Soviel steht fest. Der Boden dort ist ideal, die Bedingungen sind in jeder Hinsicht extrem. Dafür bekommt man den atemberaubensten Sonnenaufgang den man sich vorstellen kann.
Armin:
Die Steilheit dort macht ehrfüchtig. Wir mussten den Hang terrassieren um ihn überhaupt bewirtschaftbar und zugänglich zu machen. Damit haben wir neue Lebensräume geschaffen. Für Eidechsen und Blindschleichen, Pappeln, Eichen, Weinreben und was hier sonst noch in den Himmel wächst. Den Lohn unserer Arbeit werden wir in diesem Leben nicht mehr ernten, aber darum ging es uns nicht. Uns ging es darum etwas zu schaffen, was der Region etwas zurückgibt.
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Hat man den Wein der dort entstehen wird vorher im Kopf?
Armin:
Die Zusammensetzung des Bodens ist besonders. Braunerde und purer Felsen. Die Reben werden sich gefordert fühlen, aber genau das ist es was wir suchen. Vor zwei Jahren haben wir begonnen die besten Reben zu selektieren und zu veredeln. Heuer werden wir sie dort aussetzen. Den ersten Wein werden wir erst in fünf Jahren ernten. In meinem Kopf ist er karg, frisch, salzig und charakterstark. Der Weg dahin ist jedoch noch ein weiter.
Interview: Barbara Klein
Fotos: Ingo Petramer, Lukas Elsneg